Wie viel Social Media passt ins Amt? Von Facebook-Fanpages bis Amtfluencer: Warum Behörden heute mit Humor & Dialog auf Social Media punkten müssen.
In dieser Folge spricht Nicola Kiermeier mit Daniela Vey über die besondere Welt zwischen Behördenkommunikation, Datenschutz und Bürgerdialog. Ein spannender Blick hinter die Kulissen, der zeigt: Wenn Ämter Social Media richtig nutzen, entsteht mehr Nähe, mehr Dialog und mehr Vertrauen in die Demokratie.
Daniela erzählt, wie sie schon 2009 Bürgermeister für Facebook-Fanpages begeisterte und warum Verwaltungen heute nicht mehr an Instagram, TikTok & Co. vorbeikommen. Es geht um knappe Budgets, lange Entscheidungswege, aber auch um kreative Kampagnen, „Amtfluencer“ und die Kraft von Humor im öffentlichen Sektor.
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Abstract: Feed und Fudder Podcast 61 – Social Media auf dem Amt mit Daniela Vey
Das Gespräch zwischen Nicola Kiermeier und Dany Vey beleuchtet die besonderen Herausforderungen und Chancen von Social Media in Behörden, Ämtern und öffentlichen Institutionen. Dany schildert ihre Anfänge 2009, als sie erste Bürgermeister in Baden-Württemberg für Facebook-Fanpages sensibilisierte, und zeigt die Entwicklung hin zu professionellen Social-Media-Teams in Verwaltungen. Diskutiert werden typische Hemmnisse wie Datenschutzfragen, lange Entscheidungswege, knappe Budgets und die oft skeptische Haltung innerhalb der Behörden. Zugleich wird deutlich, wie groß das Potenzial für Bürgerdialog, Transparenz und Vertrauensaufbau ist, wenn Verwaltungen auf Social Media aktiv werden. Positive Beispiele wie das Finanzministerium Baden-Württemberg oder kommunale Accounts zeigen, dass eine Mischung aus Seriosität, Dialogbereitschaft und Humor erfolgreich wirkt. Besonders betont wird, dass Social Media in der Verwaltung mehr bedeutet als Informationsverbreitung: Es geht um echten Austausch, Sichtbarkeit der handelnden Personen und die Stärkung demokratischer Prozesse durch Dialogräume.
Top Zitate aus der Folge
- „Social Media ist kein schwarzes Brett. Es geht um Austausch.„
Daniela Vey - „Social klingt cool, Amt nicht. Aber ich finde, gerade in Behörden steckt viel Tiefe.„
Nicola Kiermeier - „Wer Social Media in Behörden macht, lernt es richtig. Es ist Handarbeit, Diplomatie, Empathie.„
Daniela Vey - „Social Media ist Dialog, nicht Selbstdarstellung. Und das ist wichtig für Demokratie.„
Nicola Kiermeier - „Behörden bekommen Gesichter. Das ist seit Jahren mein Anliegen, weil Vertrauen immer zwischen Menschen entsteht.„
Daniela Vey
Transkript Feed und Fudder Podcast 61 – Social Media auf dem Amt (Daniela Vey)
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Hier gibt es das Transkript zu Folge 61 – Social auf dem Amt
Transkript
Nicola: Hallo und Servus zu einer neuen Folge Feed & Fudder. Heute mit einer besonderen Gästin: Daniela Vey. Liebe Grüße nach Stuttgart!
Daniela: Hallo liebe Nici, schön, dass ich da sein darf. Danke für die Einladung.
Nicola: Ich freue mich sehr. Noch schöner wäre es, wenn wir uns persönlich sehen, aber so ist es auch okay. Wir sehen uns ja eh wieder im September, wahrscheinlich in Berlin bei der AllSocial. Darüber kennen wir uns ja auch schon lange. Ich habe auch viele Vorträge von dir schon gehört und immer was gelernt. Im Netz bist du ja immer noch bekannt als Infodesignerin, oder?
Daniela: Ja, ich bin seit 21 Jahren als Infodesignerin unterwegs.
Nicola: Wow. Einfach nur wow. 21 Jahre. Oder hast du mit fünf angefangen?
Daniela: Ja, genau. Behaupten wir das einfach mal.
Nicola: Wir reden heute über Social Media und Amt. Du bist ja nicht nur in Behörden und öffentlichen Institutionen unterwegs, aber du hast da eine kleine Nische gefunden oder bist reingerutscht. Seit wann hast du eigentlich mit dem Thema Amt und Social Media zu tun?
Daniela: Ich bin da reingerutscht, als ich den neuen Webauftritt für das kommunale Rechenzentrum in Stuttgart gemacht habe. Die bedienen in Baden-Württemberg die Gemeinden und Kommunen mit IT und Software. Darüber bin ich da ursprünglich reingerutscht.
Dann war ich 2009 auf dem Barcamp in Stuttgart. Jens und Fipsi, die Gründer von AllFacebook, heute All Social, haben dort erzählt, dass es jetzt Facebook-Fanpages gibt. Das fand ich total spannend. Kurz darauf hatte ich ein Gespräch mit dem Geschäftsführer vom Rechenzentrum und habe ihm gesagt: „Da kommt ein ganz großes Ding. Auf Facebook gibt es jetzt Seiten. Das wird wichtig für Behörden.“ Und er meinte: „Wunderbar, in drei Wochen haben wir einen Bürgermeistertag. Da wäre noch Platz für einen Vortrag. Kommen Sie einfach vorbei und erzählen Sie was.“
Nicola: Und du hattest drei Wochen Zeit, um den Vortrag vorzubereiten?
Daniela: Genau. Ich bin dann dahin, reine Männerrunde, viele doppelt so alt wie ich, und habe erzählt, dass es jetzt Fanpages gibt. Fünf Minuten im Vortrag hebt der erste Bürgermeister die Hand und fragt: „Gibt es da ein Seminarprogramm?“ Der Geschäftsführer antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Natürlich, das schicken wir Ihnen nächste Woche zu.“ Ich dachte nur: „Tun wir das?“ Und dann hatte ich eine Woche Zeit, ein Seminarprogramm auszuarbeiten.
Ab 2009 habe ich dann ganz viele Leute aus Städten, Gemeinden und Kommunen geschult: Was ist Facebook? Wie macht man ein Konto? Was kann man da machen? Wirklich ganz basic. Da waren auch viele skeptische Teilnehmer dabei, aber einige haben mir Wochen später geschrieben, dass sie alte Schulfreunde wiedergefunden haben und wie genial Facebook doch sei.
Nicola: Und einige dieser Kunden betreust du bis heute?
Daniela: Ja, es gibt Städte hier in der Umgebung, die ich seitdem regelmäßig begleite. Ich glaube, ich war eine der ersten, vielleicht sogar die erste, die das Thema Social Media in Behörden wirklich angegangen ist.
Nicola: Wobei man sagen muss, dass die handelnden Personen damals relativ offen waren. Der Kollege vom Rechenzentrum hat ja direkt gesagt: „Dann machen wir einen Vortrag.“ Und gleich die Bürgermeister eingeladen. Ich bin seit 2007 auf Facebook, damals war das noch sehr studentisch und nischig. 2010 war für mich der Wendepunkt, als meine Nachbarin plötzlich auf Facebook war. Da wusste ich, jetzt wirds ernst.
Daniela: Ja, absolut. Ab da wurde es relevant.
Nicola: Gerade Amt und Behörde und Social Media ist bis heute ein schwieriges Pflaster. Unser Kollege Dr. Carsten Ulbricht hatte letztens einen LinkedIn-Beitrag zum Thema Datenschutz und Facebook-Fanpages. Die Klage läuft ja schon seit 2018.
Daniela: Ja, und das Thema ging sogar schon 2015 los. Datenschutz, Konformität: Darf man das überhaupt?
Nicola: Ich hatte auch schon Anfragen von Behörden, die ich abgelehnt habe. Man muss die Strukturen verstehen, sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die internen Prozesse. Entscheidungswege sind anders und man braucht Zeit.
Daniela: Und oft ist Social Media einfach nur ein weiterer Kanal, wo Informationen eingestellt werden sollen – ohne Dialog. Ich habe oft gehört: „Können wir die Kommentare abschalten?“ Aber Social Media ist kein schwarzes Brett. Es geht um Austausch.
Nicola: Genau. Es geht um Bürgerdialog, nicht nur um Informationsverbreitung.
Daniela: Früher war vieles getrieben durch Aussagen wie: „Die Tochter meines Chefs hat gesagt, wir müssen da jetzt auch rein.“ Heute ist das anders. Die Relevanz ist angekommen, aber oft fehlt es noch an Ressourcen. Viele machen Social Media nebenbei, 10 bis 20 Prozent ihrer Arbeitszeit.
Nicola: Und das ist ein Problem. Gerade kleine Gemeinden haben wenig Budget und Personal. Aber sie kennen ihre Bürger oft besser und erreichen sie über Amtsblätter oder persönliche Gespräche.
Daniela: Was sich verändert hat, ist der Kanal: Weg von Facebook, hin zu Instagram und jetzt kommt TikTok. Der Wandel geht schneller. Es gibt mehr junge Leute in Behörden, engagierte Quereinsteiger, tolle Kommunikationsteams. Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten.
Nicola: Und das Thema Painpoint: Social klingt cool, Amt nicht. Aber ich finde, gerade in Behörden steckt viel Tiefe. Die Herausforderungen sind komplexer, die Arbeit oft intensiver als bei Love-Brands.
Daniela: Absolut. Wer Social Media in Behörden macht, lernt es richtig. Es ist Handarbeit, Diplomatie, Empathie. Und man hat nie viel Budget.
Nicola: Und trotzdem entstehen kreative, zielgruppenorientierte Inhalte. Behörden sind für Menschen da und Social Media kann das Menschliche zeigen.
Daniela: Ich sage das auch in meinen Workshops: Ihr macht einen wertvollen Job. Aber oft wird das Licht unter den Scheffel gestellt. Gerade hier in Baden-Württemberg. Ich sage immer: Zeigt, was ihr Tolles macht! Aber nicht für euch, sondern für die Menschen.
Nicola: Genau. Es geht um Sinnhaftigkeit. Social Media ist Dialog, nicht Selbstdarstellung. Und das ist wichtig für Demokratie.
Daniela: Und Behörden können Dialogräume schaffen. Ich hatte Workshops mit Bürgermeistern, die sagen: „Bei uns läuft vieles gut, aber das kommt nicht an.“ Sie gehen live auf Social Media, beantworten Fragen, zeigen Präsenz. Das ist echte Kommunikation.
Nicola: Und das stärkt Vertrauen. Wenn Behörden ein Gesicht bekommen, wenn man sieht, wer dahintersteht, wird Verwaltung menschlich.
Daniela: Das Finanzministerium Baden-Württemberg macht das super. Der Minister geht selbst vor die Kamera, zeigt sich als Mensch. Das schafft Sympathie und Nähe.
Nicola: Und das ist wichtig. Gerade in Zeiten, wo Polarisierung funktioniert. Wenn man organisch erfolgreich sein will, muss man polarisieren und das ist gefährlich.
Daniela: Meta hat politische Werbung in der EU gestrichen. Das betrifft nicht nur Parteien, sondern auch NGOs und Behörden. Die organische Reichweite reicht oft nicht aus.
Nicola: Und das ist ein Problem. In den USA ist politische Werbung weiter möglich, in der EU nicht. Das hat ein Geschmäckle.
Daniela: Es geht um Transparenz, Regulierung und Demokratie. Und wir müssen unsere Communities pflegen, lokal denken, Vertrauen aufbauen.
Nicola: Und das geht nur über Dialog. Danke, Daniela, für dieses Gespräch. Ich glaube, das war nicht das letzte Mal. Da gibt es noch viele Themen.
Daniela: Danke dir für die Einladung. Hat sehr viel Spaß gemacht. Ich freue mich schon auf September und auf die AllSocial.
(Das Transcript wurde geglättet und gekürzt)